Der Ritus der Taufe

■ 1) Jesus Christus hat ja bekanntlich sieben heilige Sakramente eingesetzt, bei deren getreuem Vollzug jeweils spezielle Gnaden der Erlösung mitgeteilt werden. Das erste und wichtigste Sakrament dabei ist die Taufe. Die Taufe ist die sogenannte Eingangstür zum neuen Leben in der Gnade Christi, sozusagen zum Himmelreich. Ohne den gültigen Empfang des Sakramentes der Taufe darf kein anderes Sakrament empfangen werden - sie wären dann sowieso gänzlich ungültig gespendet worden.
Im Folgenden stellen wir Ihnen den Ritus der Kindertaufe vor, wie sie ja in den allermeisten Fällen stattfindet. Bei der Taufe einer erwachsenen Person kommen noch einige zusätzlichen Zeremonien hinzu, die hauptsächlich darin bestehen, dass sich die Katechumenen (Taufbewerber) jeweils dreimal hinknien, das Vaterunser beten und über sie dann vom Priester unter Handauflegung sowohl einige Segens- als auch Exorzismusgebete verrichtet werden.
Zur Taufhandlung müssen auch die Taufpaten anwesend sein. Es kann nur ein Taufpate sein, in welchem Fall es nicht entscheidend ist, ob er oder sie desselben Geschlechtes ist wie das zu taufende Kind oder nicht. Wenn die Eltern aber zwei Taufpaten hinzuziehen, dann müssen sie jeweils ein Mann und eine Frau sein.
In jedem Fall müssen die Taufpaten selbst natürlich bereits getauft und katholisch sein. Da der Taufpate eine geistige Verwandtschaft mit seinem Patenkind eingeht (die sogar ein trennendes Ehehindernis darstellt, sollten die beiden später mal sogar einander heiraten wollen) und die heilige Pflicht hat, die Eltern bei der guten Erziehung und positiven Glaubensunterweisung des betreffenden Täuflings zu unterstützen, wäre es da ja ein eindeutiger Widerspruch, wenn er oder sie nicht katholisch wären! Wie sollten sie denn in diesem Fall grundsätzlich in der Lage sein, ein entsprechendes gutes Beispiel zu geben?
Die Taufpaten müssen auch eine gewisse persönliche Reife erlangt bzw. ein bestimmtes Alter erreicht haben, um grundsätzlich befähigt zu sein, das Patenamt zu übernehmen. Die Kirche schreibt da das Mindestalter von 14 Jahren vor.
■ Der erste Teil der Taufzeremonie findet klassischerweise im Baptisterium (am Taufbecken) einer Kirche statt, welches sich gewöhnlich im hinteren Teil einer Kirche befindet. Falls dieses Taufbecken nicht vorhanden sein sollte, was ja für viele Kirchen und Kapellen zutrifft (zumal auch für die aufgrund eines wichtigen Grundes bisweilen tatsächlich notwendig gewordenen Taufen in Hauskapellen oder Wohnungen), beginnt man mit der Taufe entweder im hinteren Teil der Kirche oder gleich in einem eventuell vorhandenen Vorraum. Auf diese Weise wird symbolisch die zentrale Wahrheit des christlich-katholischen Glaubens zum Ausdruck gebracht, dass nämlich jemand, der noch nicht getauft und somit noch nicht “wiedergeboren” worden ist “aus Wasser und dem Heiligen Geist”, weder Anteil an der Gnade der Erlösung Christi hat noch der von Jesus gestifteten Kirche, der katholischen Kirche, angehört - “so kann er in das Reich Gottes nicht eingehen” (Joh 3,5).
Der ordentliche Spender der Taufe ist der Priester. Ein Diakon hat auch die Befähigung, eine feierliche Taufe zu halten. Im Notfall, wenn nämlich Gefahr für das Leben besteht und weder ein Priester noch ein Diakon geschweige denn ein Bischof anwesend sein kann, darf ein auf die Taufe vorbereiteter Mensch auch von einem jeden Laien getauft werden. In diesem Fall wird nicht der Ritus nach dem Rituale Romanum eingehalten (feierliche Taufe), sondern es werden nur die wesentlichen Elemente der Taufe vollzogen - dreimaliges Aufgießen des Wassers in Kreuzesform auf das Haupt des Täuflings (Materie des Sakramentes), wobei die (die Form des Sakramentes bildende) Formel gesprochen wird: “N., ich taufe dich im Namen des Vaters und des Sohnes und des Heiligen Geistes”.
Im Begriff, die Taufe zu spenden, legt der Priester den Chorrock und zunächst die violette Stola an. Die liturgische Farbe Violett steht für Umkehr und Buße. In früheren christlichen Jahrhunderten war es üblich, dass die damals häufig erwachsenen Katechumenen über einen doch längeren Zeitraum (bis zu drei Jahren) auf ihre Taufe vorbereitet wurden. Zu diesem Zweck kamen sie immer wieder in eine Kirche und wurden vom Priester im Glauben unterrichtet. Man verband damit auch liturgische Handlungen, meist Handauflegungen, Gebete und Exorzismen. Und diese trugen eindeutig einen vorbereitenden Bußcharakter.
Als aber dann im Lauf der Zeit in überwiegend christlich gewordenen Gegenden die Kindertaufe von der Häufigkeit ihrer Spendung her die Anzahl der Erwachsenentaufe deutlich überwog, verlor logischerweise auch die Einrichtung des Katechumenats ihren praktischen Sinn. So hat man dann diese ganzen Zeremonien, welche früher während der Katechumenatszeit an Taufbewerbern vollzogen worden sind, gewissermaßen zusammengefasst und dem eigentlichen Taufakt (Aufgießen des Taufwassers über den Kopf des Täuflings) bzw. einigen anderen ihm ebenfalls vorausgehenden Zeremonien praktisch vorausgestellt. So entstand der heutige konkrete Römische Taufritus.
Die katholische Kirche empfiehlt, dass der taufende Priester zu Beginn des Taufritus einige einleitende Sätze an die Anwesenden richtet, in denen er sowohl auf die heilsrelevante Bedeutung des Taufsakramentes hinweist als auch die Eltern und Taufpaten an ihre Pflichten in Bezug auf das betreffende Kind erinnert. Dann beginnt der eigentliche Taufritus.
2) Einer der Taufpaten nimmt das Kleinkind in der Regel auf den Arm. Der Priester fragt zuallererst die Paten: “Wie soll das Kind heißen?”, worauf natürlich der Taufname genannt wird. Es ist erforderlich, dass für das Kind immer ein christlicher oder biblischer Name genommen wird, also der eines Heiligen oder einer positiven Figur des Alten Testamentes oder ein Name, der auf die eine oder andere Weise Bezug zu einem Ereignis der Heilsgeschichte hat (z.B. Immaculata, Assunta usw.). Falls der Täufling bei seiner Geburt aus irgendeinem Grund einen nicht-christlichen, heidnischen Namen erhalten hat, muss er entweder gänzlich unter einem anderen, christlichen Namen getauft werden oder seinem nicht-christlichen Namen wird allerwenigstens ein christlicher Zweitname beigefügt.
Es ist nicht entscheidend, welcher Name bei einem Menschen in seinem weltlichen Pass steht, sondern unter welchem Namen er das hl. Sakrament der Taufe empfangen hat. Dieser macht dann sogar einen wesentlichen Teil seiner christlichen Identität aus - unter diesem Namen wird er vom Dreifaltigen Gott gewissermaßen auch in die generelle Nachfolge Jesu Christi berufen! Daher ist es einleuchtend, dass ein Christ nicht auf irgendeinen nicht-christlichen Namen getauft werden kann, geschweige denn auf den Namen irgendeines heidnischen Götzen! Nein, seine Zugehörigkeit zu Jesus Christus soll und muss sich auch in seinem Namen widerspiegeln!
Nachdem also der Name des Kindes genannt worden ist, fragt der Priester weiter: “N., was begehrst du von der Kirche Gottes?” Antwort der Paten: “Den Glauben”. “Was gewährt dir der Glaube?” - “Das ewige Leben.” “Willst du also zum Leben eingehen, so halte die Gebote! Du sollst den Herrn, deinen Gott, lieben aus deinem ganzen Herzen und aus deiner ganzen Seele und aus deinem ganzen Gemüt, und deinen Nächsten wie dich selbst”!
Die Kirche zwingt niemanden, ein Christ zu werden. Das muss immer eine freiwillige Entscheidung der Menschen auf den inneren Ruf Gottes sein, den sie hoffentlich in ihrem Herzen vernehmen, dem sie dann auch Folge leisten. Daher die Frage, wonach sie denn “begehren”.
Für uns heute ist es vielleicht etwas seltsam, wenn darauf dann die Antwort gegeben wird: “Den Glauben”. Denn die Taufpaten müssen ja bereits gläubige Christen sein und der katholischen Kirche angehören. Und wenn ein Erwachsener getauft wird, muss er unbedingt schon die Grundkenntnisse des Glaubens kennen bzw. bereit sein, diesen Glauben auch zu bekennen. Warum lässt also der Römische Taufritus die Taufpaten an dieser Stelle ihren bzw. des Kindes Wunsch nach dem Glauben äußern?
Nun, wie oben bereits kurz ausgeführt, stellen die einzelnen Zeremonien des ersten Teils des Taufritus solche liturgische Handlungen dar, welche an den Taufbewerbern doch mitunter eine nennenswerte Zeit vor der eigentlichen Taufe vollzogen worden sind. Und als diese sich erst als sogenannte Katechumene angemeldet hatten, mussten sie sich ja dem jeweils zuständigen Priester vorstellen bzw. erklären, wonach denn ihr Herz überhaupt begehrt. Und erst dann wurden sie nach und nach im Glauben unterrichtet, um so auf die Taufe vorbereitet zu werden. Offensichtlich spiegelt also die betreffende Antwort den betreffenden historisch-objektiven Sachverhalt wider.
So wird dann dem sich frisch angemeldeten Katechumenen das Hauptgebot des christlich-katholischen Glaubens dargelegt, die Gottes- und Nächstenliebe nämlich! Hier zitiert die Kirche praktisch wörtlich die Antwort Jesu auf die Frage eines Gesetzeslehrers nach dem “größten Gebot im Gesetz”, indem Er dann auch noch ergänzend hinzugefügt hatte: “Das ist das größte und erste Gebot. Das zweite aber ist diesem gleich: Du sollst deinen Nächsten lieben wie dich selbst. An diesen zwei Geboten hängt das ganze Gesetz und die Propheten.” (Mt 22,35-40)
Ja, wir sollen Gott wirklich “lieben”! Das ist eine Forderung, die einem Heiden damals völlig fremd war bzw. gänzlich seinem Welt- und Gottesbild widersprach! Denn er musste seine “Götter” in erster Linie fürchten, weil sie ja in der Vorstellung der Heiden willkürliche Wesen waren, die mit den Menschen nach Belieben schalteten und walteten. Deswegen musste man sie ja auch mit mancherlei Opfern “besänftigen”. Geheuer waren sie einem aber nie so richtig.
Auch bei den Juden stand die Allmacht Gottes sehr stark im Vordergrund ihres Gottesbildes. Denn Er war im Alten Bund der, der das Volk Israel aus allen anderen Völkern auserwählte und machtvoll vor seinen Feinden beschützte. Somit spielte auch zur Zeit Jesu der dreinschlagende Arm Gottes eine sehr große Rolle in der Vorstellung der Juden.
Somit kam es einer gewissen Revolution in der Art und Weise, Gott zu sehen, gleich, als Jesus nämlich Gott als einen liebenden Vater predigte und Seine unbegreifliche Liebe zu den Menschen offenbarte, die dann natürlich auch die Gegenliebe der Menschen erwartet. Zwar enthielten die Bücher des Alten Testamentes bereits Stellen, in welchen von der Liebe Gottes die Rede war - Jesus zitierte ja auch daraus! Nur ist die Offenbarung der Liebe Gottes in ihrer ganzen Tiefe erst in Jesus Christus erschienen! Erst mit der Erlösung von der Sünde erhielten wir die Gnade, die Liebe Gottes durch den Heiligen Geist, der uns ja in der Taufe geschenkt wird, wirklich angemessen durch unsere Christusnachfolge zu beantworten!
Mit dieser zentralen Forderung des christlichen Glaubens, Gott unbedingt zu lieben, und dann in Gott natürlich auch den Mitmenschen, ist auch wesentlich die historische Tatsache verbunden, dass gleich zu Beginn sich so viele Menschen vom Christentum innerlich angezogen fühlten! So richtet auch jeder katholische Priester dieses Hauptgebot der Gottes- und Nächstenliebe praktisch als allererstes an die Täuflinge, damit sie sich dessen unbedingt bewusst seien und es im Leben befolgten. Nur so kann man nämlich “zum Leben eingehen” - das wurde bei unserer Taufe auch uns eingeschärft!
Ebenfalls ist es interessant bzw. bezeichnend, dass die Paten hier für das Kind sprechen bzw. dann später für es die Taufgelübte ablegen. Manche protestantische Gemeinschaften wittern hierin ein Unrecht und praktisch liberal-atheistisch gesinnte “Christen” geradezu eine Verletzung eines Menschenrechtes auf Selbstbestimmung. In beiden Fällen sagt man, ein Mensch müsse sich selbst frei für die Taufe entscheiden bzw. bestimmten, ob und gegebenenfalls welcher Religion er angehören möchte.
Diesen beiden falschen Vorstellungen liegt praktisch der gleiche Irrtum zugrunde. Man geht da nämlich von einem Menschenbild aus, in welchem die Frage der Religion eine nebensächliche Rolle spiele, als ob der Mensch seinem Wesen, seiner so genannten “Grundausstattung” nach areligiös und die Religion dann lediglich so etwas wie ein freiwilliges Extra wäre.
Nun erkennt aber der katholische Glaube bzw. die christliche Philosophie, dass der Mensch als solcher, also jeder Mensch seiner “Grundausstattung” nach (!), sehr wohl für die übernatürliche Welt geöffnet, auf das absolute sittliche Gebot bzw. die ewige und allgemein gültige Wahrheit Gottes ausgerichtet ist! So gesehen ist es logisch und völlig selbstverständlich, dass die Kinder gläubiger Katholiken bereits im Kindesalter getauft werden bzw. dies an sich sollten.
Denn auch sie sollen doch bitte nicht der liebenden Umarmung Jesu Christi bzw. Seinem gnadenreichsten göttlichen Segen entzogen werden, zumal Er selbst die Aposteln schalt, die verhindern wollten, dass Kinder zu Jesus gebracht werden, “damit Er ihnen die Hände auflege und bete”: “Lasst die Kinder und wehret es ihnen nicht, zu mir zu kommen” (vgl. Mt 19,13-15)! (Vgl. dazu auch den Artikel “Ist die Praxis der Kindertaufe nicht biblisch und zu verwerfen?” in “Beiträge” Nr. 109, S.22-26). Und wie die Eltern etwa im Krankheitsfall ihres Kleinkindes keinesfalls auf dessen Zustimmung warten (etwa bis zu dessen Volljährigkeit?!), dass es nämlich - oft sogar schleunigst - zum Arzt gebracht und entsprechend behandelt werde, so sehen es auch verantwortungsvolle und ihre Kinder zutiefst liebende Eltern zusammen mit der katholischen Kirche als selbstverständlich an, dass ihre Kindern ohne unnötiges Warten und Zögern auch in den Genuss der besten Medizin für ihre Seele gelangen - des Sakramentes der hl. Taufe! Durch die darauffolgende religiöse Erziehung des Täuflings soll dann die Taufgnade wirksam werden.

P. Eugen Rissling

 

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